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Aufsatz zum Workflow
Heliogravüre - Wiederherstellung und Erhaltung von Grafik durch Faksimiledrucke

In den nachfolgenden Erläuterungen soll eine alte Drucktechnik dargestellt werden, die von mir für die oben genannten Ziele eingesetzt wird. Die Heliogravüre oder auch Photogravüre wurde um 1878 von Karl Klic (1841-1926) erfunden und fand um die Jahrhundertwende starke Verbreitung. Diese Technik geriet trotz ihrer hervorragenden Merkmale fast völlig in Vergessenheit. Es soll - schwerpunktmäßig am Beispiel des Kupferstiches - aufgezeigt werden, wie dieses Verfahren eingesetzt werden kann und welche technischen Schritte notwendig sind.

In vielen Sammlungen existieren Kupferstiche, die aus vielen Gründen als »besonders« anzusehen sind:
  • sie sind so wertvoll, daß eine dauernde Ausstellung wegen der damit verbundenen Gefahr schwer möglich ist;
  • es sind Blätter, deren Erhaltungszustand so schlecht ist, daß eine Restaurierung kaum möglich ist;
    darüber hinaus besteht für viele seltene Blätter ein Interesse (Ausstellungen), das mit den vorhandenen Exemplaren nur schwerlich befriedigt werden kann;
  • schließlich und endlich sind manche Blätter, z. B. alte Landkarten oder die Titelkupfer von Büchern, beschädigt und unvollständig. Sie können vom Restaurator durch eine Teilkopie in adäquater Technik ergänzt werden.

Um dieser Probleme Herr zu werden, bietet sich als eine Lösung folgende Idee an: es müsste ein Verfahren gewählt werden, das es ermöglicht, Kupferstiche originalgetreu nachzudrucken, ohne daß mit bloßem Auge ein Unterschied sichtbar wird. Das Verfahren muß deshalb folgende Eigenschaften erfüllen:
  • Der Druck muß von einer Kupferplatte erfolgen, mit Hilfe einer Kupferdruckpresse;
  • Farbqualität und Papierqualität müssten so exakt wie möglich dem Original angenähert werden.

Diese Voraussetzungen erfüllt die Heliogravüre. Im weiteren wird die Verfahrensweise erläutert.

Die Verfahrensweise
Voraussetzung war früher ein Schwarzweiß-Halbtondia, dass nach einem Negativ gefertigt wurde, welches die gleichen Ausmaße wie das Original hatte. Diese Filme werden in dieser Größe nicht mehr hergestellt. Eingesetzt wurden große Reprokameras. Eine mögliche Alternative für kleinere Formate sind Röntgenfilme, doch auch hier ist anzunehmen, dass diese langfristig nicht mehr zur Verfügung stehen.

Aus diesen Gründen muss man sich „moderner“ Verfahren bedienen, die zum Ziel haben, ein gleichwertiges Diapositiv zu erzeugen.

Die Vorgehensweise ist folgende:
Das Original wird mit Hilfe von SilverFast gescannt. Die Auflösung sollte „300 ppi“ betragen. Da manche Originale sehr groß sind, habe ich einen Flachbettscanner gewählt, der es ermöglicht, größere Originale in Teilen einzuscannen und später mit geeigneten Programmen zusammenzusetzen.
SilverFast ermöglicht im Graustufenmodus hervorragende Tiefenzeichnungen, die gerade im Bereich der Kupferstiche von großer Bedeutung sind. Es besteht manchmal der Irrglaube, es handele sich bei Kupferstichen um Strichvorlagen. Analysiert man jedoch die Blätter, stellt man fest, dass es bei dunklen Strichen viele Abstufungen gibt, die natürlich so wiedergegeben werden müssen.
Da die Einfärbung der Kupferdruckplatte in früheren Jahren mit „geschöntem“ Schwarz, z.B. grün, erfolgte, ist es streng genommen sogar ein RGB-Bild. Der RGB-Modus bietet darüber hinaus einen entscheidenden Vorteil: viele der alten Stiche weisen andersfarbige „Flecken“ auf, die im Laufe der Jahre entstanden sind. Diese wurden durch eine aufwendige Filtertechnik „eliminiert“: man betrachtete die Vorlage durch eine Reihe von Gelatinefiltern, um den „Farbstich“ festzustellen. Das Filmmaterial musste panchromatisch sein, was die Weiterverarbeitung erschwerte. Heute bietet eine RGB-Vorlage alle Möglichkeiten, diese „Farbfehler“ schnell und einfach zu entfernen. Darüber hinaus besteht beim Scannen die Möglichkeit auch Tiefen- und Lichtermasken „nachzubauen“, die früher mühselig durch das Übereinanderlegen von Halbton- und Strichfilmen entstanden.
Nach dem Scannen kann das Bild noch weiter verbessert werden, in diesem Fall mit SilverFast HDR. Aus der bearbeiteten Datei wird mit der Hilfe eines Belichters ein Diapositiv gefertigt. Um an die frühere Qualität der Halbtonfilme heranzukommen, geschieht dies mit einem frequenz-modellierten Raster, das den Halbtoncharakter sehr gut wiedergibt. Dabei ist zu beachten, dass „FM-Raster“ einen anderen Tonwertzuwachs aufweisen. Aus diesem Grund sind umfangreiche Gradationsveränderungen vor der Ausbelichtung notwendig.
Im konkreten Fall werden mit einem früheren Programm der „Fogra“ dieses spezielle Raster erzeugt und zwar mit dem Programm „Velvet-Screen“. Ein „Torrent-Rip“ und ein „Heidelberg-Belichter“ vervollständigen den Workflow.
Verfügt man nicht über diese Geräte, lassen sich diese „Fm-Filme“ auch von anderen Anbietern anfertigen.
Der weitere Vorgang ist identisch mit der früheren Verarbeitung. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Beobachtung, dass sich der Ätzvorgang ähnlich verhält wie bei Halbtondiapositiven, obwohl die Tonflächen ja eigentlich nur aus schwarzen kleinen „dots“, in der Größe von 20 Mikrometern, bestehen, die zufallsverteilt auf der klaren Filmfläche zu finden sind.

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Stauben der Platte
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Abb. 2 (oben) / Abb. 3 (unten)
In einem schrankähnlichen Kasten wird Asphaltstaub verwirbelt. Eine nach einigen Minuten eingelegte Platte besitzt nach einiger Zeit einen Staubniederschlag, der so fein sein kann, daß er mit bloßem Auge schwerlich erkennbar ist. Dieser Staub wird durch Erhitzen an die Platte angeschmolzen. 50% der Oberfläche sollten nach dieser Maßnahme bedeckt sein. Schräg gegen ein Licht gehalten hat die Platte ein samtfarbenes Aussehen. Legt man die so präparierte Platte, nach Abdecken der Rückseite mit Asphaltlack, in ein Ätzbad (Eisenchlorid), dringt das Ätzmittel an den staubfreien Stellen ein und erzeugt Vertiefungen. Je nach Dauer der Ätzung, Zeiten bis 10 Minuten sind üblich, lassen sich mit solchen Platten alle Grauwerte in Form zusammenhängender, einfarbiger Flächen drucken.

Die Halbtonerzeugung
Um die im Dia vorhandenen Halbtonwerte gleichzeitig auf einer Platte unterzubringen, muß das Eisenchlorid unterschiedlich lange auf die gestaubte Kupferplatte einwirken. Um dies zu bewirken, bedient man sich der Pigmentkopie. Die Pigmentkopie erfolgt auf Pigmentpapier oder -film.
Dieser Träger besteht aus einem steifen Papier mit aufgegossener roter Gelatineschicht. Da das Material auch von modernen Druckereien benutzt wird, steht es glücklicherweise nach wie vor zur Verfügung. Das durch Baden in kalter Kaliumbichromatlösung (3 %) lichtempfindlich gemachte Papier wird unter dem Dia belichtet (Pigmentkopie).
Diese Belichtung erfolgte früher mit Hilfe der Sonne - daraus erklärt sich der Name des Verfahrens. Heute bedient man sich starker Punktlichtquellen, die günstige Spektraleigenschaften aufweisen: Xenonlicht, Kohlebogenlampen etc.
Das Licht wirkt durch das aufliegende Dia unterschiedlich intensiv auf die Gelatineschicht des Pigmentpapiers ein. Diese verliert dadurch an den Stellen, die vom Licht getroffen wurden, ganz oder teilweise die Fähigkeit, sich in warmem Wasser zu lösen. Ein Umstand, auf dem früher viele fotografische Verfahren aufbauten: Pigmentdruck usw. Nach der Belichtung wird die Kopie mit Hilfe von destillierten Wasser auf die gestaubte Platte aufgequetscht. Die Schicht zeigt dabei zur Platte. Nach einiger Zeit wird die Platte ca. 15 Minuten lang in warmen Wasser von etwa 40° C »entwickelt«. Teile der Gelatine, die nicht gehärtet wurden, lösen sich. Das Resultat ist ein reliefartiges negatives Abbild des Dias: an den im Dia schwarzen Stellen hat sich die Gelatine gelöst, an den weißen Stellen fast völlig gehärtet. Bei den Grauwerten ist Gelatine proportional zur Intensität der Belichtung abgebaut worden.

Das Ätzen
Eisenchloridlösung enthält Wasser, Gelatine nimmt Wasser auf. Je nach der Dicke der Schicht dauert es unterschiedlich lange, bis das Eisenchlorid an das Kupfer gelangt und dort ätzt, wo kein aufgestaubtes Korn vorhanden ist. Durch diese Tatsachen kommt es in einem vorgegebenen Zeitintervall zu unterschiedlich langen Ätzzeiten. Die Gesamtätzzeit muß so abgestimmt werden, daß die zuerst durchdrungene Schicht dem dunkelsten Ton in der Vorlage entspricht. Um den Ätzprozeß individuell steuern zu können, bedient man sich mehrerer Eisenchloridlösungen mit unterschiedlichem Wassergehalt. Durch den Wassergehalt wird das spezifische Gewicht der Lösung bestimmt, das in der Regel durch Baumé-Grade angegeben wird. Geätzt wird in Bädern um 40°-Baumé. Vier unterschiedliche Bäder reichen aus. Grundsätzlich ließe sich auch in einem Bade ätzen, dies geschieht bei der Herstellung von Zylindern für den Rotationsdruck. Eine Mehrbadätzung läßt sich jedoch stärker manipulieren und ist vorzuziehen. Nach dem Ätzvorgang wird die Platte abgespült und gereinigt. Dabei wird, mit Lösungsmitteln (Toluol) auch das Korn entfernt. Vor dem Drucken sind möglicherweise Korrekturen notwendig. Dies geschieht durch Nachstechen, Nachätzen usw. Das Resultat der Bemühungen sieht wie folgt aus: Unendlich feine Vertiefungen überdecken die Platte, im Schräglicht ist die Vorlage erkennbar.
Fasst man die Arbeitsschritte zusammen, ergibt sich folgender Arbeitsablauf:
  • Diaherstellung (Halbtondia ohne Raster);
  • Pigmentkopie;
  • Übertragen der Kopie auf die gestaubte Platte;
  • Entwicklung und Trocknung der Platte;
  • Abdecken mit Lack;
  • Ätzung in vier Bädern;
  • Reinigen und Korrigieren der Platte;
  • Drucken in der Handpresse.

Die dargestellten Schritte machen klar, daß die Heliogravüre keine einfache, sondern eine aufwendige Technik ist. Sie liefert jedoch Resultate, die voll befriedigen. Mit Hilfe der Technik lassen sich alle im Tiefdruckverfahren erstellten Originale so werkgetreu wie irgend möglich wiedergeben - die Druckqualität ist durch kein anderes Verfahren erreichbar. Zwei Zitate aus unterschiedlicher Zeit mögen ein Beleg dafür sein (aus Herders Konversationslexikon, 3. Auflage, Band IV, S. 318, München 1905, unter dem Stichwort »Heliographie«): »... Photogravüre ... (auch Lichtkupferstich), die auch Halbtöne direkt wiederzugeben vermag, ist das vollkommenste photomechanische Verfahren, ihre Erzeugnisse besitzen die ganze Weichheit und Zartheit der Schabkunst-oder Aquatintastiche ... «.
Im Katalog zur Ausstellung » Von Delacroix bis Munch, Künstlergraphik im 19ten Jahrhundert « aus dem Jahre 1978 liest man in einer Bilderläuterung zu einer Gravüre von Karl Klic auf Seite 172: » Vollendet ist die samtene Wirkung der dunklen Töne «.
Durchdenkt man bei der praktischen Anwendung der Heliogravüre ihre Möglichkeiten, so erkennt man, daß diese Technik (scheinbar ein Widerspruch) auch zur Wiedergabe in anderer Technik erstellter Blätter geeignet ist:
  • Kohlezeichnungen
  • Holzschnitte, etc.

Es wäre zu hoffen, daß diese Erörterungen das Interesse an dieser Technik angeregt haben.


1 Kupferstich von Heinrich Aldegrever (1536). Das Original befindet sich im Stadtmuseum Münster. Das Blatt ist ein Einzelstück. Erhaltungszustand: Das Blatt ist stark verschmutzt; einige Flecken decken bereits Bildteile zu. Die Fleckenfarbe hat eine ähnliche Farbe wie der Druck. Teile des Bildes sind stark angegriffen: rechte Seite oben, fehlende Buchstaben oben links etc. Eine Restaurierung am Originalblatt erscheint sehr problematisch, da der Papierzustand kritisch ist. Bisher erfolgte Maßnahmen: Ausführliche Halbton-Retusche am Dia zur Entfernung bzw. Dämpfung bildstörender Flecken. Wiederherstellung der Tiefendurchzeichnung, die durch Flecken u. ä. teilweise nicht mehr vorhanden ist. Einsetzen fehlender Buchstaben (oben links), Instandsetzung zerstörter Linienführungen (rechte Bildhälfte). Alle Arbeiten erfolgten aufgrund sehr schwer auszumachender Restbild-Informationen.
2 Probedruck. Der Probedruck erfolgte ohne Korrektur auf einem Standard-Kupferdruckbütten. Als Farbe wurde ein braun-geschöntes Schwarz gewählt. Korrekturen an der Platte scheinen nicht mehr nötig.
3 Detail aus Abb. 2




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